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Offener Brief an Herrn Dr. Maio, Universität Freiburg

Reaktion auf das Interview in der Apotheken Umschau vom 01. Nov. 2012
Oberode, 29. Nov. 2012
Sehr geehrter Prof. Maio,
für paternalistische Gängelungen, an denen in diesem Falle Arzneimittelhersteller blendend
verdienen können, lassen sich immer klingende Argumente wie die ihren finden.
Sie befinden sich damit in Übereinstimmung mit der DGPPN, die die Bequemlichkeit aller
Beteiligten nur zu gerne bedient, denn die „Pille“ ist besonders in der Psychiatrie die
vermeintlich einfache Lösung mit fatalen Folgen.

Die Betroffenen kann man vor dieser „Fürsorglichkeit“ nur warnen:
Noch immer indifferent sind Sie und ihre Kollegen - trotz schöner Worte – tatsächlich gegen
die so genannten Nebenwirkungen der Psychopharmaka, während Sie gleichzeitig die
psychosozialen Ursachen der Phänomene, wie z.B. der Psychosen ignorieren.

Den meisten Betroffenen ist bewusst; sie benötigen Hilfe. Sie spüren aber auch, dass die
Medikamente ihnen schwer schaden und man sie ihnen deshalb aufzwingt, damit die
Einnahme (=Absatz=Umsatz=Gewinn) gesichert ist.

Anders als Prof. Falkai, der seit Jahren vergeblich Hirnstoffwechselstörungen zu beweisen
versucht, betrachte ich Psychosen als Ausdruck tiefer seelischer Not, die man begleiten
sollte, damit der Mensch die Ursachen verarbeiten und sich weiterentwickeln kann. Viele
Projekte haben die Nachhaltigkeit dieser Herangehensweise bestätigt und dabei behindert die
Pharmakotherapie die Gesundung nur, weil sie Gedanken und Erleben der Betroffenen
blockiert und diese seelisch und geistig verwahrlosen.

Es ist eigentlich skandalös, dass Patienten stattdessen mit Psychopharmaka abgespeist
werden. Das Resultat sind Drehtürpsychiatrie, Heimunterbringung der „Unheilbaren“ und
hohe Morbidität und Lebenszeitverkürzung; nur mit viel Lobbyarbeit, Un- und
Halbwahrheiten und Zwangsmaßnahmen kann dieses System aufrechterhalten werden. Man
benötigt schon ein spezielles Verständnis von Ethik und Verantwortung, sich dafür
einzusetzen.
Sollte Ihnen das alles unbekannt sein?

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Marheineke (LPEN)