Pressespiegel

Chronisch Erkrankte wollen gewaltfrei leben

(Delmenhorster Kreisblatt, Mo, 11.09.2006) Selbsthilfetag der Psychiatrie-Erfahrenen mit guter Resonanz. Zum Thema „Gewaltfrei leben“ versammelten sich am Sonnabend zahlreiche Selbsthilfeinitiativen psychiatrieerfahrener Menschen. Zum Erfahrungsaustausch gesellten sich zahlreiche Fachthemen. Eine stetige Teilnehmerzunahme kann Initiator Ronald Kaesler bei seinen jährlich stattfindenden Selbsthifetagen für psychisch kranke Menschen verzeichnen.

Am Sonnabendmittag konnte der agile Organisator der Landesarbeitsgemeinschaft Psychatrie-Erfahrener Niedersachen (LPEN) im Evangelischen Gemeindezentrum Stadtmitte Delegationen aus zwölf niedersächsischen Kommunen begrüßen. „In der achten Auflage des Selbsthilfetages konnten wir die Beteiligung inzwischen verdoppeln“, freute sich Ronald Kaesler. Entsprechend intensiv fiel der Gedankenaustasuch aus, bei dem praxiserprobte Arbeitsansätze der Selbsthilfe vorgestellt und diskutiert wurden.

Neben diesen Praxisberichten die zeigten, dass auch in kleineren Gemeinden wie Martfeld, Sulingen, Hude oder Cuxhaven engagiert im Interesse psychisch kranker Menschen gearbeitet wird, hatten die Vernatwortlichen vom LPEN-Landesvorstand in Zusammenarbeit mit der Delmenhorster Selbsthilfegruppe „Relax“ vier Arbeitsgruppen gestellt. Fachkundige Referenten aus Herne, Osnabrück, Hannover und Spelle sorgten mit ihren durchweg aus dem eigenen Arbeitsalltag entwickelten Thesen dafür, dass die Themen „Gewaltfreie Psychiatrie in Theorie und Praxis“, „Vorausverfügungen“,, „Grenzen der Toleranz“ sowie „Kybernetische Selbsthilfestrategien“ im gemeinsamen Dialog vertieft werden konnten.

Am Beispiel der Akutpsychiatrie am St. Marien-Hospitalin Herne-Eickel demonstrierten die Sozialpädagogin Beate Brieseck sowie die psychiatrieerfahrene Verbraucherberaterin Petra Wiemers, dass selbst in einem Fachkrankenhaus der psychiatrischen Pflichtversorgung ständig geöffnete Türen zum Alltag gehören können. „Wir sehen in unserem Arbeitsansatz ein Modell für gewaltfreie Psychiatrie“, so Beate Brieseck. Eine geschlossene Akutstation gebe es in Eickel nicht mehr. Stattdessen würden zahlreiche Sport-, Kreativ- und Kunstangebote in Verbindung mit örtlichen Sportvereinen sowie der Volkshochschule gesetzt.

Den speziellen Anforderungen psychisch kranker Menschen wollte Matthias Wiegmann mit einem „psychiatrischen Testament“ gerecht werden. Susanne Scheibe erläuterte am Beispiel eines städtischern Treffs individuelle wie solidarische Grenzen der Toleranz in der Selbsthilfearbeit mit ihren unvermeidlichen Konfikten. Johannes Fangmeyer präsentierte Strategien, wie sich Individuen und Selbsthilfegruppen im Sinne der eigenen Stabilität in bestehende Therapienetze integrieren können.