Pressespiegel

PEs beklagen Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt

(Nordwest-Zeitung, Mo, 11.09.2006) "Zugang zu sozialen Berufen wird rigoros versagt“ Psychiatrie Erkrankte beklagen Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt. Integration kaum gefördert. Etwa 50 Menschen haben den landesweiten Selbsthilfetag besucht. Es gab interessante Diskussionen. Menschen, die Erfahrungen mit ambulanter oder stationäre psychiatrischer Behandlung gemacht haben, werden aus dem Arbeitsleben weitgehend ausgegrenzt. Vor allem der Zugang zu sozialen Berufen werde diesem Personenkreis rigoros versagt, was eindeutig verfassungswidrig sei, sagte im Namen der Betroffenen Lothar Grafe aus Osnabrück zum Auftakt des Selbsthilfetages, den die Landesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener Niedersachsen (LPEN) am Sonnabend in Delmenhorst durchgeführt hat.

„Gewaltfrei leben“ lautete das Motto der ganztägigen Veranstaltung in den Räumen der Stadtkirche, an der rund 50 Betroffene aus allen Teilen Niedersachsens teilgenommen haben. Grafe wies darauf hin, dass Prinzipien wie die Unantastbarkeit der Würde des Menschen ebenso wie das Diskriminierungsverbot Behinderter oder die Freiheit der Berufswahl zu den Grundpfeilern der Verfassung gehören. Doch wer seinen Lebensunterhalt beispielsweise als Krankenschwester oder Lehrer verdienen möchte, habe als Bewerber mit Psychiatrieerfahrungen ausgesprochen schlechte Karten. Dies sei umso unverständlicher als dieser Personenkreis durchweg besonders feinfühlig auf Spannungen im zwischenmenschlichen Bereich reagiere und diese Kompetenz im Beruf gut einsetzen könnte, so Grafe.

Die Werkstätten ließen ungern zuverlässiges Personal ziehen. Die Reintegration psychisch erkrankter Menschen nach der Rehabilitation käme nicht nur den Betroffenen, sondern auch der Allgemeinheit zugute, unterstrich der Referent. Allerdings hätten Werkstätten für Behinderte teilweise gar kein Interesse daran, zuverlässige Arbeitskräfte an den allgemeinen Arbeitsmarkt abzugeben, weil sie Aufträge der Industrie schnell und verlässlich abarbeiten wollen. „Mitarbeiter, die raus wollen, werden nicht unterstützt“, lautete ein Vorwurf. Andere Teilnehmer des Selbsthilfetages berichteten zudem von einem Verdrängungswettbewerb: Gelegentlich würden bereits Langzeitarbeitslose in Werkstätten für Behinderte „umverteilt“.