Patientenverfügung

(August 2007) 3. Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts. Patientenverfügung. Brief des LPEN-Vorstandes an die Mitglieder des Deutschen Bundestages (MdB`s) aus Niedersachsen. Sehr geehrte Damen und Herren, vermutlich ist Ihnen die Selbsthilfebewegung der Psychiatrie-Erfahrenen bekannt, die sich für die Belange von Menschen in seelischen Ausnahmesituationen und Patienten einsetzt, die Erfahrungen mit der Psychiatrie machen mußten.

Die Landesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener Niedersachsen e.V. (LPEN) als Zusammenschluß Betroffener in Niedersachsen und die Hildesheimer Gruppe, denen wir Unterzeichner angehören, möchten Sie auf einige Aspekte der Patientenverfügung, die demnächst als Rechtsinstitut in das BGB eingeführt werden soll, aufmerksam machen.

Für uns Betroffene ist die Patientenverfügung bisher eines der wenigen Instrumente, der Sprach- und Hilflosigkeit im Falle einer psychischen Krise vorzubeugen und unseren Willen im Vorfeld einer Betreuung und Unterbringung zu bekunden. Eine Begrenzung der Reichweite der in Frage stehenden Änderungen im Betreuungsrecht (z.B. auf die Sterbephase) würde folglich die vom BGH geforderte Selbstbestimmung in allen Lebensphasen besonders für die Personengruppe, die wir vertreten, unzulässig erschweren.

Gerade in der Psychiatrie gehören Einschränkungen von Grundrechten bis hin zu offenen Menschenrechtsverletzungen zur Tagesordnung. Die dort gebotene Heilbehandlung nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst, wie es in einschlägigen deutschen Gesetzestexten heißt, ist im Vergleich mit der Praxis vor allem in skandinavischen Ländern wenig am Patienten orientiert und in Deutschland sehr umstritten.

Es sollte deshalb die gesetzliche Regelung Betreuer wie Bevollmächtigte möglichst eng an den schriftlich erklärten Willen des Patienten binden und der im Referentenentwurf des Justizministeriums vorgeschlagene § 1904 (4) erhalten bleiben:

„Ein Bevollmächtigter kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, sie verweigern oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich.“

Wir würden es begrüßen, wenn Sie sich dem von Ihren Kollegen um Herrn Joachim Stünker bearbeiteten Gesetzentwurf des Ministeriums anschließen könnten, der die oben ausgeführten Aspekte am besten berücksichtigt. Allerdings beinhaltet § 1901a einen Automatismus zur Einrichtung einer Betreuung, der unbedingt vermieden werden sollte; zudem sind keine Überlegungen darüber angestellt worden, wie Patientenverfügungen uneingeschränkt erreichbar hinterlegt werden können.

In den Augen vieler Beobachter hat die Diskussion um die Patientenverfügung das Verhältnis zwischen Patienten mit Ihren Sorgen und Bedürfnissen und Behandlern, die Teil des Gesundheitssystems sind, positiv beeinflusst. Wir sehen dies als Anlass, sich auch mit der Situation in deutschen Psychiatrien zu befassen und die entscheidenden gesetzlichen Regelungen - § 1906 BGB und die Unterbringungsgesetze der Länder – zu überdenken. Wir freuen uns, mit Ihnen darüber ins Gespräch zu kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Marheineke, Friedrich Siedenberg